Ne bis in idem nicht antasten! ASJ NRW hält Kritik an Neuregelung des § 362 StPO aufrecht

Bundespräsident und Bundesjustizminister haben erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der neuen Regelung in der Strafprozessordnung (StPO), wonach die Wiederaufnahme von Strafverfahren in Fällen von Mord, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen gegen eine Person zuzulassen ist, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht werden, die allein oder in Verbindung mit früher erhobenen Beweisen dringende Gründe dafür bilden, dass ein zuvor freigesprochener Angeklagter verurteilt wird.
Verkürzt und leicht verständlich: Bisher galt „Freispruch ist Freispruch“. Das ist ein Grundsatz im deutschen Recht. Im Grundgesetz (Artikel 103 GG) steht: „Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.“ Dieser Rechtssatz ist aus dem Römischen Recht bekannt: „ne bis in idem“.
Namentlich auf Druck der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wurde noch kurz vor der Bundestagswahl § 362 StPO geändert, dies auch gegen große Bedenken aus dem Bundesjustizministerium.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat das Gesetz zwar am 21.12.2021 ausgefertigt, zeitgleich mit der Ausfertigung hat er in Schreiben an die Präsidentin des Deutschen Bundestages, den Bundeskanzler und den Präsidenten des Bundesrates Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung dargelegt. Darin regt der Bundespräsident unter anderem an, das Gesetz erneut parlamentarisch zu prüfen und zu beraten bzw. zu prüfen und vom Gesetzesinitiativrecht aus Artikel 76 Absatz 1 Gebrauch zu machen.
Auch der neue Bundesjustizminister Dr. Buschmann teilt die Kritik an der Neuregelung.
Die Bundesdelegiertenkonferenz der ASJ hat sich auf Antrag der ASJ NRW bereits im Sommer 2021 gegen die Änderung der StPO ausgesprochen.
Wir halten als ASJ NRW an der Kritik fest und rufen die Rechtspolitiker*innen der Ampel-Fraktionen auf, dieses verfassungswidrige Gesetz zu stoppen!