Keine Kriminalisierung der „Sterbehilfe“

In seiner Vorstandssitzung am 05.11.2020 hat der ASL Landesvorstand NRW folgenden Beschluss gefaßt:

Die SPD-Mitglieder des Bundestages, der SPD Parteivorstand sowie die SPD Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die Sterbehilfe nicht noch einmal kriminalisiert wird. Denn es gibt zur Zeit Bestrebungen, einen neuen § 217 StGB zu formulieren, mit dem das Urteil des Bundesverfassungsgericht vom 26.2.2020 unterlaufen werden soll.

Begründung:

Der Bundestag hatte 2015 nach kontroverser Diskussion den Gruppenantrag um die Bundestagsabgeordneten Brand (CDU) und Kerstin Griese ( SPD) mit einer Mehrheit von 360 von 602 abgegebenen Stimmen angenommen. Danach wurde in § 217 Strafgesetzbuch (StGB) – Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung, derjenige mit Strafe bedroht, der in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt.   Das Bundesverfassungsgericht erklärte § 217 StGB in seiner Entscheidung vom  26.02.2020, BVerfG – 2 BvR 2347/15, für verfassungswidrig und nichtig.

In seiner Entscheidung formuliert das Verfassungsgericht sehr klar, dass nur der Suizident und sonst niemand – weder der Staat, noch eine Kommission, noch Ärzte – die Entscheidung triffen, ob er oder sie sich das Leben nehmen darf.

Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wurde die Rechtslage vor Inkrafttreten des § 217 StGB wiederhergestellt. Dies bedeutet u.a., dass mangels Haupttat die Beihilfe zum Suizid wieder straflos ist. Diese Rechtslage hatte in Deutschland bis 2015 über viele Jahrzehnte hinweg Bestand. Gefahrenlagen, wie sie der Gesetzgeber im Jahr 2015 angeführt hat, sind nicht belegt, zumal nach geltendem Recht die Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB) und die Tötung in mittelbarer Täterschaft (§ 212 StGB) strafbar bleiben, wenn der Sterbehelfer Sorgfaltspflichten nicht beachtet.

Die SPD  darf sich deshalb nicht an Bestrebungen beteiligen, die Sterbehilfe, dass heisst die straffreie Beihilfe zur Selbsttötung, insbesondere durch Ärzte und Sterbehilfeorganisationen, einzuschränken oder gar wieder zu kriminalisieren. Insbesondere darf sie sich an keiner erneuten Regelung der Sterbehilfe im Strafrecht beteiligen oder dieser zustimmen.

Der Staat darf jedoch Verfahrensschritte vorsehen, um die Ernsthaftigkeit des Sterbewunsches sicherzustellen. Insbesondere gilt es zu vermeiden, dass der Einzelne seinem Leben in einer Phase, in der seine Fähigkeit zu autonomer Entscheidung eingeschränkt ist, vorschnell ein Ende setzt.

ASJ NRW – Beschluss zur Sterbehilfe