CETA: ASJ NRW hat CETA anhand der Roten Linien des SPD Parteikonvents geprüft

von Ridvan Ciftci, Folke große Deters und Dietmar Köster

Am 20. September 2014 formulierte der Parteikonvent der SPD als Voraussetzung für die Zustimmung zu den transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP und CETA „Rote Linien“. Mittlerweile liegt die überarbeitete Version von CETA vor. In einem Gutachten (abrufbar unter http://www.asjnrw.de) hat die ASJ NRW gemeinsam mit dem Europaabgeordneten Professor Dr. Dietmar Köster eine erste Bilanz gezogen. Sie fällt ernüchternd aus. Dem Parteikonventsbeschluss folgend müsste die Partei CETA ablehnen. Die Gründe erläutern wir im Folgenden:

CETA installiert eine Nebenverfassung
Entgegen den Forderungen des Konventsbeschlusses enthält CETA weiterhin Investor-Staat-Schiedsverfahren und unklare Rechtsbegriffe wie „gerechte und billige Behandlung“ und „indirekte Enteignung“. Trotz Verbesserungen im Verfahrensrecht bleibt der grundsätzliche Einwand also bestehen: Die Schiedsgerichtssprüche können demokratisch legitimierte Normen faktisch außer Kraft setzen. Zwar haben Schiedsgerichte (nun „Tribunale“ genannt) formal nicht die Kompetenz, die Wirksamkeit von Gesetzen und Verwaltungsakten aufzuheben. Jedoch können sie Staaten zu hohen Schadensersatzleistungen verpflichten. Diese hohen Schadensersatzforderungen werden dazu führen, dass Parlamente und Verwaltungen im Falle einer Verurteilung die Rechtsakte zurückziehen werden, um weiteren Schadensersatzansprüchen zu entgehen. So hätten die Schiedsgerichte faktisch, allerdings nicht rechtlich, dieselbe Wirkung wie eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Damit wird das Schiedsgericht zum Nebenverfassungsgericht und eine Nebenverfassung.

Das Vorsorgeprinzip wird aufgegeben
Nach wie vor können Sozialstandards als indirekte Enteignung qualifiziert werden und erhebliche Schadensersatzansprüche auslösen. Auch das widerspricht dem Parteikonventsbeschluss. Überdies wird durch CETA das Vorsorgeprinzip, das ein Grundpfeiler unseres Verbraucherschutzes ist, aufgegeben. Das Vorsorgeprinzip gestattet ein Verbot von Produkten, wenn Hinweise für ihre schädliche Wirkung vorliegen. Bei CETA hingegen reichen diese Hinweise nicht aus, es gilt das Nachsorgeprinzip. Produkte bleiben so lange auf dem Markt, bis ein eindeutiger wissenschaftlicher Nachweis für ihre Schädlichkeit vorliegt. Erst dann darf ein Importverbot durch die EU zum Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern und der Umwelt verhängt werden . Problematisch am Nachsorgeprinzip ist die Tatsache, dass wissenschaftliche Eindeutigkeit oftmals erst durch aufwendige Langzeitstudien erreicht wird. So lange tragen Verbraucherinnen und Verbraucher die Risiken.

Investorenrechte sind mehr wert als Arbeitnehmerrechte
Der Parteikonventsbeschluss fordert, dass die Einhaltung von Arbeits- und Sozialstandards in Konfliktfällen genauso wirkungsvoll sichergestellt sein muss wie die Einhaltung anderer Regeln des Abkommens. Das ist aber bei CETA keineswegs der Fall, denn Eigentumsverletzungen können nur von privaten Unternehmen bzw. Investoren vor dem Tribunal eingeklagt werden.